Adrian Schildheuer und Lisa Wiese sind wissenschaftliche Mitarbeiter:innen am Lehrstuhl von Prof. Dr. Stephanie Schiedermair und koordinieren als National Administrator bzw. Judge Administrator die German National Rounds in Leipzig. Im Interview sprechen sie über ihre persönliche Verbindung zum Jessup Moot Court, die organisatorischen Herausforderungen, besondere Momente und ihre Erwartungen an den Wettbewerb.
Wie ist Ihre persönliche Verbindung zum Jessup Moot Court?
Adrian: Ich war als Student selbst Teil des allerersten Teams der Universität Leipzig und habe die letzten zwei Jahre das Leipziger Team gecoacht. Ich bin dem Jessup und der Jessup-Community daher schon lange sehr verbunden.
Lisa: Für mich ist es die erste Teilnahme am Jessup Moot Court und das nun von organisatorischer Seite. Im Austausch mit anderen Teilnehmern merkte ich aber schnell, dass es eine sehr aufgeschlossene und engagierte Community ist, die eine Leidenschaft fürs Völkerrecht teilt, so wie ich.
Welche besonderen Herausforderungen bringt die Organisation der National Rounds mit sich?
Adrian: Es handelt sich um ein wirklich großes Event mit über 200 Teilnehmenden, das einerseits aus dem Wettbewerb und andererseits aus Social Events besteht. Dies bedeutet selbstverständlich einen erheblichen Organisationsaufwand für so ein kleines Organisationsteam. Eine besondere Herausforderung ist sicherlich die Finanzierung, die nur durch das großzügige Sponsoring von elf Kanzleien möglich ist.
Lisa: Leipzig ist an sich ein sehr dankbarer Austragungsort. Wir haben tolle Locations, die Räumlichkeiten der Uni, insbesondere das Paulinum, sind sehr vorzeigenswert und alles liegt sehr zentral. Herausfordernd sind die vielen verschiedenen Aufgaben, die Kommunikation und die Betreuung der Studierenden und Judges, aber auch - wie Adrian schon betont hat - die finanzielle Abwicklung.
Wie läuft die Vorbereitung hinter den Kulissen ab, was erfordert die meiste Aufmerksamkeit?
Lisa: Es gibt wahnsinnig viel vorzubereiten und zu berücksichtigen. Allein Abendveranstaltungen für über 200 Personen zu planen ist schon eine Aufgabe für sich: Sind genug Tische vorhanden, gibt es einen Stromanschluss, wann schmeißt der Nachtwächter uns vom Unigelände, können wir koscheres Essen anbieten, brauchen wir eigentlich Security? Dazu kommt die Planung der Pleadings, die Einteilung der Richterbänke, die Berücksichtigung von Interessenkonflikten, die Auswertung der Schriftsätze der Teams, die Informationsweitergabe, die Erstellung der Webseite und so weiter.
Adrian: Es gibt nicht die eine Priorität bei der Planung, es ist mehr ein fortwährendes Abwägen von Prioritäten und Posteriorität. Am Anfang des jeweiligen Monats hat etwa die Umsatzsteuervoranmeldung absolute Priorität.
Welche Veränderungen haben Sie im Wettbewerb über die Jahre beobachtet?
Adrian: Die Qualität der Wettbewerbsleistungen steigt kontinuierlich. Die Teams werden immer professioneller. Das gilt sowohl für die Schriftsätze als auch für die mündlichen Verhandlungen.
Gibt es einen besonderen Moment aus der Organisation der National Rounds, der Ihnen in Erinnerung bleiben wird?
Adrian: An den einen Moment kann ich mich nicht erinnern. Es ist aber schon eine eigentümliche Situation, wenn man plötzlich Verträge über mehrere tausend Euro unterschreibt.
Lisa: Ich bin mir sicher, dass sich ein solches Erlebnis noch im Laufe des Wettbewerbs ergeben wird. Besonders war für mich aber auch, als ich an einem Mittwochabend Judge Bruno Simma – große Völkerrechtsikone und ehemaliger deutscher Richter am IGH – am Telefon hatte, der mich fragte, ob ihn seine Frau zum Wettbewerb begleiten dürfe.
Womit müssen sich deutsche Teams im internationalen Vergleich besonders auseinandersetzen?
Adrian: Eine besondere Herausforderung für deutsche Teams ist sicherlich, dass der deutsche Wettbewerb schon sehr deutsch geprägt ist. Die Rechtsdogmatik spielt hier sicherlich eine größere Rolle, als etwa in den anglo-amerikanischen Rechtsordnungen. Zwar geht es beim Jessup nicht um nationales Recht, aber das individuelle Verständnis des Völkerrechts ist am Ende doch durch das nationale Rechtsverständnis geprägt.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Jessup Moot Courts in Deutschland?
Adrian: Ich würde mir wünschen, dass noch mehr juristische Fakultäten aus Deutschland teilnehmen. Und bei allem Ehrgeiz sollten die Studierenden nie vergessen, dass dies letztlich ein Wettbewerb ist, bei dem es auch um Spaß und Freundschaften geht.
Welche Rolle spielt der Wettbewerb für die juristische Ausbildung aus Ihrer Sicht?
Adrian: Der Wettbewerb ist sicherlich eine ziemlich einzigartige Möglichkeit im Jurastudium. Und er bietet insbesondere die Möglichkeit, talentierte Studierende sehr individuell zu fördern. Aus meiner Erfahrung als Coach würde ich sagen, dass ich nie enger mit Studierenden zusammengearbeitet habe. Das Schönste dabei ist, dass man bei allen Studierenden eine Leistungssteigerung und Verbesserung beobachten kann. Dies ist eine Möglichkeit, die uns die Lehre in der AG oder Vorlesung so nicht bietet.
Last but not least: Wie stehen die Chancen für das Leipziger Team?
Lisa: Ich würde sagen, die stehen ganz gut. Das Team wird von fünf erfahrenen Coaches begleitet und ist völkerrechtlich fit.
Adrian: Als National Administrator sehe ich meine Aufgabe darin, einen fairen Wettbewerb für alle zu organisieren, bei dem die drei besten Teams nach Washington fahren. Ich würde mich natürlich freuen, wenn auch das Leipziger Team erfolgreich ist. Letztlich wünsche ich aber sowohl dem Leipziger Team als auch den anderen deutschen Teams viel Erfolg und nicht zuletzt viel Spaß!
Vielen Dank für das Interview und gutes Gelingen!