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"Juristische Lebenswege" - so lautet der Titel der neuen Veranstaltungsreihe, zu der die Gleichstellungsbeauftragte der Juristenfakultät Leipzig Carolin Heinzel und die Regionalgruppe des Deutschen Juristinnenbundes gemeinsam an die Universität Leipzig einladen. Ihren Auftakt findet die Reihe am Dienstag, dem 24. Oktober 2023, mit dem Thema "Karrieren im Strafrecht" (19:15 Uhr, Campus Augustusplatz, Hörsaal 10).

In unserem Interview sprechen wir mit Carolin Heinzel über die Hintergründe und Ziele der neuen Reihe, aber auch über die besonderen Herausforderungen für die Gleichstellungsarbeit in den Rechtswissenschaften.

Frau Heinzel, können Sie das Konzept von "Juristische Lebenswege" kurz umreißen?

Die Veranstaltung soll Studierenden ermöglichen, einen Einblick in die praktischen juristischen Berufe zu bekommen. Die Referentinnen sollen dabei Vorbilder für Nachwuchsjurist:innen sein und ein realistisches Bild von Aufgaben und Anforderungen vermitteln. Manche von unseren Speakerinnen haben sich direkt für einen Beruf entschieden, andere haben Erfahrungen in verschiedenen beruflichen Stationen gesammelt und können direkt aus allen berichten. Dabei soll der Fokus auf die Frage nach eigenen Vorbildern, auf die Rolle als Frau im Beruf und auf besondere Herausforderungen hinsichtlich der Vereinbarkeit von Familie bzw. Pflege und Beruf gerichtet werden. Diese Themenfelder betreffen selbstverständlich alle Geschlechter. In den Veranstaltungen werden wir den Lebensweg der Referentinnen anhand einiger Einstiegsfragen kennen lernen und anschließend freuen wir uns auf viele Fragen aus dem Publikum.

Was genau steckt hinter dem Titel der Veranstaltung? Worum soll es gehen?

Die Veranstaltung soll zeigen, dass es ganz verschiedene juristische Lebenswege gibt. Manche sind geradlinig, andere nicht und hinter den meisten steckt auch kein Masterplan, der schon während des Studiums klar war. Ich glaube, es ist für Studierende eine tolle Möglichkeit, einen Einblick in die verschiedenen Berufe zu bekommen und sich klar zu werden, dass sich der eigene Berufswunsch auch immer wieder ändern darf. Beispielsweise kann der Schwerpunktbereich das spätere Berufsbild bestimmen, muss dies aber keineswegs. Außerdem kann die Veranstaltung Inspiration für das nächste Praktikum, eine Station im Referendariat oder den Berufseinstieg sein. Ich hoffe, das Format zukünftig ausbauen zu können und auch weniger „klassische“ Berufsbilder wie die Wissenschaft, den Journalismus oder die Arbeit in NGOs vorstellen zu können.

An wen richtet sich das Veranstaltungsformat?

Das Format richtet sich insbesondere an Studierende in allen Semestern, aber auch für wissenschaftliche Mitarbeiter:innen, Referendar:innen oder Berufseinsteiger:innen ist das Format interessant.

Wie ist die Idee zu dieser umfangreichen Reihe entstanden?

Die Idee entstand bereits vor meiner Wahl zur Gleichstellungsbeauftragten im Rahmen eines Brainstormings. Die Veranstaltungsreihe leistet dabei einen Beitrag zu den Aufgaben der Gleichstellungsbeauftragten, Chancengleichheit und -gerechtigkeit zu fördern.

Für die Veranstaltungsreihe arbeiten Sie eng mit der Regionalgruppe des Deutschen Juristinnenbundes zusammen. Wie kam es zu dieser Kooperation?

Ich bin selbst bereits seit einigen Jahren Mitglied im Deutschen Juristinnenbund. Da ich erst seit Juli diesen Jahres im Amt bin und die zeitlichen Kapazitäten von meinem Kollegen Tamer Ünal und mir, sowie die finanziellen Ressourcen begrenzt sind, ist es toll, mit so einem Kooperationspartner zusammen arbeiten zu können. Durch die große Regionalgruppe konnten wir auch auf ein umfangreiches Netzwerk an inspirierenden Juristinnen zurückgreifen.

Für die letzte Einzelveranstaltung haben Sie Arbeiterkind.de gewinnen können. Warum war es Ihnen wichtig, diese Initiative mit ins Boot zu holen?

Für uns als Organisationsgruppe war von Anfang an klar, dass wir verschiedene Perspektiven mitdenken möchten, auch wenn ich selbst keinen Arbeiterhintergrund habe. Deshalb freue ich mich sehr, dass uns dies unter anderem mit der letzten Veranstaltung gelungen ist. Gerade Studierende aus nicht akademischen Haushalten stehen oft vor zusätzlichen Herausforderungen. Das kann die Finanzierung des Studiums sein, es hängt aber auch mit dem Habitus an der Universität und besonders an den juristischen Fakultäten zusammen. Dieses Thema wollen wir mit dieser Veranstaltung speziell adressieren. Dazu kann ich das Interview mit Prof. Dr. Felix Hanschmann auf dem Juwissblog sehr empfehlen, welcher das Phänomen deutlich besser beschreiben kann. Ich hoffe, dass wir bei zukünftigen Veranstaltungen im Rahmen der Gleichstellung noch stärker andere Perspektiven sichtbar machen können.

Ist das Engagement für Gleichstellung und Chancengleichheit in den Rechtwissenschaften Ihrer Meinung nach eine besondere Herausforderung?

Hier kommt es natürlich immer auf den Vergleichsmaßstab an. Natürlich wurden bereits in der Vergangenheit große Fortschritte erzielt, aber um ein plakatives Beispiel im Rahmen der Fakultät zu geben: Die Anzahl der Professorinnen – mit Ausnahme des Strafrechts – ist sehr gering; aktuelle und genaue Zahlen dazu werden sich zeitnah im neuen Gleichstellungsplan der Fakultät finden. Auch allgemeiner gesprochen gibt es wenig bis keine Professor:innen mit Migrationshintergrund oder sichtbaren Behinderungen im juristischen Bereich, das gilt erst Recht, wenn sich diese Dimensionen überschneiden. Über die Wissenschaft hinaus ist die Anzahl von Frauen in juristischen Berufen in den letzten Jahren in allen Bereichen deutlich gestiegen. Trotzdem liegt der Anteil von Frauen in Führungspositionen in der Justiz immer noch bei nur 29,4 %. Es gibt also noch genug zu tun.

Vielen Dank für das Interview. Wir wünschen Ihnen für Ihre Arbeit als Gleichstellungsbeauftragte und für das neue Veranstaltungsformat viel Erfolg.