„Mr President, Honorable Members of the Bench“ – Diesen Satz haben wir seit November 2024 so oft gehört, gelesen und gesprochen, dass er uns bisweilen selbst im Traum verfolgt hat. Als Team – bestehend aus Jana Miska, Bertram Knoche, Roman Zöllner und Anna Pick – haben wir in den letzten Monaten nicht nur gelernt, wie man den Satz mit Nachdruck und Überzeugung vorträgt, sondern auch, was es heißt, über Fragen des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts zu verhandeln. Auf Initiative von Dr. Denise Wiedemann (LL.M.), Vertreterin des Lehrstuhls für ausländisches und europäisches Privat- und Verfahrensrecht, haben wir in diesem Jahr erstmals die Universität Leipzig beim PAX Moot Court vertreten. Der PAX Moot Court, 2012 ursprünglich als interne Moot-Court-Veranstaltung an der Sciences Po in Paris von Professor Horatia Muir Watt und Hélène van Lith ins Leben gerufen, ist eine spezialisierte internationale Verhandlungssimulation. Die Moot Court-Teilnehmer:innen bearbeiten komplexe Fälle, bei denen es nicht um die inhaltliche Bewertung des Falls („merits“), sondern ausschließlich um Fragen wie Zuständigkeit, anwendbares Recht sowie Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen geht. Der diesjährige (fiktive) Fall behandelte die psychischen Belastungen von Content-Moderator:innen, die als freiberufliche digitale Nomaden in ihrem Arbeitsalltag mit extrem verstörenden Inhalten konfrontiert sind – ohne ausreichende Schutzmaßnahmen oder psychologische Betreuung. Eine Interessenvertretung der Content Moderators klagte deshalb in Maastricht gegen drei Unternehmen aus Frankreich, Irland und dem Vereinigten Königreich. Zwischen November und März arbeiteten wir, unterstützt von unseren Coaches Jacob Hoffmann und Felix Dörr, unermüdlich an den Written Memoranda für beide Seiten – Applicant und Respondent. Die Schriftsatzphase war eine intensive Übung im präzisen, strukturierten und überzeugenden juristischen Schreiben – und das auf Englisch. Gerade Letzteres stellte zunächst eine Hürde dar, denn im deutschen Jurastudium, besonders im Grundstudium, kommt die englische Rechtssprache oft zu kurz. Doch spätestens in Hinblick auf die mündliche Phase war klar: Legal English muss sitzen. Pünktlich, kurz vor Mitternacht am 16. März 2025, reichten wir unsere Schriftsätze ein – und stürzten uns sofort in die Vorbereitung der Oral Rounds. Diese bestand aus unzähligen Probepleadings, zunächst intern und später gegen Teams anderer Universitäten – unter anderem gegen Teams der Universität zu Köln, der Universität Wien und der Università Cattolica del Sacro Cuore aus Mailand. Am 8. April 2025 ging es endlich los zu den Oral Rounds in Maastricht. Mit klassischer DB-Verspätung schafften wir es gerade rechtzeitig zum Willkommensabend, wo wir die Teams aus aller Welt kennenlernten. In unserer ersten Runde traten Jana und Bertram als Respondents gegen das Lloyd Law College aus Delhi (Indien) an. Später verhandelten Roman und Anna als Applicants gegen die Gastgeberuniversität Maastricht. In der zweiten Runde verhandelten wir erneut – diesmal gegen die Université Paris I Panthéon-Sorbonne und die Damodaram Sanjivayya National Law University aus Indien. Diese zweite Runde war besonders fordernd, da die Judges uns mit zahlreichen Rückfragen auf den Zahn fühlten. Das Finale bestritten die Universität Ljubljana und die Jindal Global Law School aus Indien. Die Jury bestand aus Expert:innen aus ganz Europa. Die Argumentationen der Finalist:innen waren beeindruckend – am Ende setzte sich Ljubljana durch. Auch wenn wir für die Universität Leipzig keinen Titel nach Hause bringen konnten, war der PAX Moot für uns ein einmaliges Erlebnis. Wir haben nicht nur internationalprivatrechtliches Wissen vertieft, sondern auch gelernt, unter Druck zu verhandeln, als Team zu funktionieren und auf Englisch juristisch zu argumentieren. Unsere Zusammenarbeit war geprägt von gegenseitigem Vertrauen, Offenheit und unermüdlichem Einsatz – eine Erfahrung, die uns durch das weitere Studium tragen wird. Wir sind dankbar, dass wir an dieser hervorragend organisierten Veranstaltung teilnehmen durften und möchten andere Studierende ermutigen, sich auf das Abenteuer Moot Court einzulassen. Es war eine besondere Erfahrung – voller Herausforderungen, Begegnungen und persönlicher Entwicklung.
Leipzigs Debüt im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht